Der Atem der Seele
Hintergrund
Dr. W.G Sutherland (1873-1954) wandte die osteopathischen Prinzipien insbesondere im Bereich des Schädels an und erforschte dessen Beweglichkeit und die Auswirkung von Einschränkungen in dieser Region.
Entgegen der damaligen Lehrmeinung entdeckte er, dass in der anatomischen Struktur der Schädelknochen die Fähigkeit zu feinen und komplexen Bewegungsmechanismen angelegt ist. Weiter fand er heraus, dass das CS-System (mit Knochen, Membranen und der Hirn- und Rückenmarkflüssigkeit) gezeitenartig in verschiedenen Rhythmen pulsiert, die wahrgenommen werden können. Ein Rhythmus ist mit einer Frequenz von 8 -12 Zyklen pro Minute am gesamten Körper tastbar und wird CS-Rhythmus genannt.
Er stellte fest, dass beim Entspannen von Einschränkungen am Schädel, sich auch Symptome in ganz anderen Bereichen des Körpers verändern konnten oder nachließen. Davon positiv beeinflusst wurden auch Gemütsstimmungen.
Dr. John Upledger, Arzt und Osteopath entwickelte in den 70er-Jahren die Arbeit von Sutherland weiter. Entscheidend für seine große Faszination für diese Therapie war eine Beobachtung während einer Operation an der Halswirbelsäule. Er entdeckte an dem offenen Gewebe, das sonst das Rückenmark umschließt, rhythmische Bewegungen. Er forschte und entwickelte die Kraniosakraltherapie weiter. Ihm ist es zu verdanken, dass diese Therapieform heute Anerkennung und Bekanntheit erlangt hat.
Im psychischen Bereich wirkt die Kraniosakraltherapie oft beruhigend ausgleichend und stärkend. Sie setzt oftmals Entwicklungsprozesse in Gang und wird auch gern präventiv kräftigend im Alltagsleben genutzt.
Das kraniosakrale System
Im menschlichen Skelett bilden das Kreuzbein, die Wirbelsäule und der Schädel eine federnde zentrale Säule. Diese Säule steht im Mittelpunkt der Therapie.
Das kraniosakrale System umfasst Schädel (Cranium), Wirbelsäule, Kreuzbein (Sacrum) sowie die zugehörigen membranösen und knöchernen Strukturen (Hirnhäute und Wirbel). Dieses mit Gehirn- und Rückenmarkflüssigkeit gefüllte System pulsiert ebenso wie der Atem oder der Herzschlag in Schwingungen, die am ganzen Körper spürbar sind. Diese Strukturen werden untersucht und gleichzeitig behandelt.
Das kraniosakrale System steht in engem Zusammenhang mit der Entwicklung und Funktion des Zentralnervensystems. Außerdem hat es direkten Einfluss auf alle wichtigen psychophysiologischen Abläufe im Körper. Es arbeitet und pulsiert bis ans Ende unseres Lebens.
Die Kraniosakraltherapie ist die feinste und stillste Form der drei osteopathischen Techniken. Gearbeitet wird mit sanftem, aber sehr spezifischem Druck an Schädelnähten, Gelenken und Bindegewebe. Dabei werden wesentliche anatomische Kenntnisse ebenso integriert wie die östlichen energetischen Aspekte.
„Der Zweck einer craniosacralen Behandlung besteht nicht darin, eine Struktur zu korrigieren, sondern es geht darum, das Umfeld für Veränderungen bereitzustellen.“
Rollin E. Becker
In manchen Fällen kann es nötig sein, je nach Beschwerdebild die Kraniosakraltherapie auch allein anzuwenden.
Sie eignet sich zur Behandlung und als unterstützende Therapie für ein breites Spektrum verschiedenster Beschwerden, wo das CS-System in Mitleidenschaft gezogen wird. Sie ist eine Behandlungsform für Erwachsene, Schwangere sowie für Säuglinge und Kinder.
Beispiele für Ursachen von Disharmonien im kraniosakralen System können sein:
- Geburtstraumata
- Unfälle/Schock
- Seelische Verletzungen
- Operationen
- Fehlstellungen/Fehlhaltungen
- Muskelanspannungen
- Erschöpfungszustände
- Chronische Entzündungen
- leichte depressive Episoden
- somatoforme Störungen
- belastende Lebensereignisse
- Hyperaktivität bei Kindern
- Konzentrations- und Lernstörungen
Hinweisen möchte ich auf ein besonderes Spezialgebiet der Kraniosakraltherapie: Die Schwangerschaftsbegleitung sowie Kinder und Säuglingsbehandlung (Siehe auch unter Anwendungsbereiche).